100-Baggers und der Schneeball
“Compound interest is the eighth wonder of the world. He who understands it, earns it … he who doesn't … pays it.” Albert Einstein.
Wenn Warren Buffett heute (2021) mit dem Investieren anfangen und ihm nur $20.000 zur Verfügung stehen würde: In welchen Unternehmen würde er sein Geld anlegen? Ich denke, Unternehmen wie Coca Cola, Kraft Heinz, Johnson & Johnson oder Procter & Gamble kommen für ihn nicht mehr in Frage.
Warren’s Battleship
Warren stand auch einmal genau wie Du und Ich am Anfang. Er hatte keine Milliarden US-Dollar auf dem Konto, sondern kleine Beträge. Heute gibt es gibt viele Anleger, die Warren nacheifern. Ich nehme einfach mal an, dass der durchschnittliche Anleger (Hans) nicht mehr als 20.000 € in seinem Depot liegen hat.
Wenn Warren investiert, dann sind das dreistellige Millionenbeträge. Alles andere does not move the needle in seinem Depot. Warren manövriert also in einem trägen Schlachtschiff auf dem Meer des Aktienmarktes, während Hans in einem Schnellboot über die Wellen flitzen kann.
Warrens gegenwärtigen Entscheidungen gehen einerseits mit seinen riesigen Investitionssummen einher. Und andererseits ist es ab einem gewissen Betrag, sagen wir 100 Millionen Euro, einfach egal, ob eine Outperformance erzielt wird oder nicht.
Angenommen, man erzielt eine jährliche Rendite von 5%. Das wären bei 100 Millionen Euro Depotwert ganze 5 Millionen Euro Rendite pro Jahr. Bei 20.000 € wären es aber nur 1.000 €.
Schauen wir uns dazu noch den Zinseszins, Compounding Interest, über 5 Jahre an (in Klammern nur der Compounding-Effekt, nicht die gesamte Rendite):
Start: 100 Mio €
Jahr 1: 105 Mio (+ 0 Mio €)
Jahr 2: 110,25 Mio (+0,25 Mio €)
Jahr 3: 115,76 Mio (+0,51 Mio €)
Jahr 4: 121,55 Mio (+0,79 Mio €)
Jahr 5: 127,63 Mio (+1,08 Mio €)
Warren erzielt in Jahr 5 nicht mehr 5 Millionen Euro Rendite, sondern bereits 6,1 Millionen Euro (27,63 Millionen Euro seit Start insgesamt). Also 1,08 Millionen Euro mehr alleine durch das Compounding.
Und hier kommt Hans mit seinen 20.000 €, nachdem er regelmäßig, stolz und erhobenen Hauptes seine Imperial Brands oder * (ersetze * durch einen beliebigen, anderen Dividenden-Wert) Aktien nachgekauft hat:
Start: 20.000 €
Jahr 1: 21.000 (+0 €)
Jahr 2: 22.050 (+50 €)
Jahr 3: 23.153 (+103 €)
Jahr 4: 24.311 (+158 €)
Jahr 5: 25.527 (+216 €)
Hans erzielt also im fünften Jahr nur 216 € zusätzlich durch den Compounding-Effekt (4.527 Euro seit Start ingesamt).
Okay - und was bedeutet das nun für mich?
Je geringer das zur Verfügung stehende Kapital, desto agiler und risikoreicher sollte man investieren, um den Compound Interest-Effekt effektiver nutzen zu können. Unter Risiko verstehen viele den Totalverlust. Ich verstehe darunter Volatilität, wenn es sich um hervorragende Unternehmen handelt.
Nehmen wir an, Hans hat das verstanden und erzielt nun eine jährliche Rendite von 25% p.a. (zugegeben: Sehr ambitioniert, aber um das Beispiel zu verdeutlichen):
Start: 20.000 €
Jahr 1: 25.000 (+ 0€)
Jahr 2: 31.250 (+1.250 €)
Jahr 3: 39.063 (+2.813 €)
Jahr 4: 48.829 (+4.766 €)
Jahr 5: 61.063 (+7.234 €)
Der neue Hans erzielt alleine im fünften Jahr ganze 7.018 € mehr als der alte Hans (+216 €), alleine durch den Compounding-Effekt (36.063 Euro seit Start insgesamt). Und es steigt langfristig exponentiell.
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Noch nicht überzeugt? Hier ist ein weiteres Beispiel des Compound Interest:
EIN 10.000 € INVESTMENT WIRD ZU 1.000.000 €
Die Aktie eines Unternehmens erzielte letztes Jahr an nur einem einzigen Tag eine Kurssteigerung von +40% auf 50 €. Ich las schwellbrüstige Kommentare wie Bin bei 200% raus!. Gratuliere (?).
Aber bedenke:
25% Steuern werden fällig. Bei 1.000 € Gewinn wären das 250 € Steuern.
Gesetz dem, man schafft den ungewissen Wiedereinstieg zu einem niedrigeren Kurs - die Steuern und Transaktionsgebühren sind schon mal weg.
Die stärkste, und meist unterschätzte Kraft an der Börse wird dadurch zerstört: Der Zinseszins/Compounding Interest:
Wenn du die Wahl hast, heute 1 Million Euro zu erhalten oder einen Cent und diesen jeden Tag einen Monat lang zu verdoppeln, was würdest du wählen? Lass uns nachrechnen:
Tag 1: 0,01 €
Tag 2: 0,02 €
Tag 3: 0,04 €
Tag 4: 0,08 €
Tag 5: 0,16 €
Tag 6: 0,32 €
Tag 7: 0,64 €
Tag 8: 1,28 €
Tag 9: 2,56 €
Tag 10: 5,12 €
Tag 11: 10,24 €
Tag 12: 20,48 €
Tag 13: 40,96 €
Tag 14: 81,92 €
Tag 15: 163,84 €
Tag 16: 327,68 €
Tag 17: 655,36 €
Tag 18: 1.310,72 €
Tag 19: 2.621,44 €
Tag 20: 5.242,88 €
Tag 21: 10.485,76 €
Tag 22: 20.971,52 €
Tag 23: 41.943,04 €
Tag 24: 83.886,08 €
Tag 25: 167.772,16 €
Tag 26: 335.544,32 €
Tag 27: 671.088,64 €
Tag 28: 1.342.177,28 €
Tag 29: 2.684.354,56 €
Tag 30: 5.368.709,12 €
Tag 31: 10.737.418,24 €
Es dauert nur 28 Tage zur Million. Und nur 3 Tage mehr, um die 10 Millionen zu erreichen. Wahnsinn, oder?
Aber Aktien können doch gar keinen Zinseszinseffekt erzielen, oder?
Du kaufst eine Aktie für 1000 €. Sie macht durchschnittlich 10% Rendite p.a.
Nach Jahr 1 steht sie bei 1100 €. Also ein Plus von 100 € nach einem Jahr.
Nach Jahr 2 steht sie bei 1210 €. Ein Plus von 110 € aus dem zweiten Jahr (bzw. +210€ insgesamt). Dank dem Compounding interest Effekt kamen hier 10 € dazu.
Rechnen wir das für zwanzig Jahre durch:
Nach Jahr 20: 6727 €.
Wer die Aktie jedes Jahr nach den 10% Rendite verkauft und wieder für 1.000 € gekauft hätte, hätte es nach Jahr 20, nach Abzug der Steuern (25%) und Gebühren von 5 € pro Trade:
+1.500 €.
6.727-1.500 = 5.227 € aus dem Compounding Interest Effekt ohne herumgekasper.
Und jetzt stell dir das Ganze mit einem Depot vor, das 50.000 € groß ist und 10% Rendite p.a. erzielt.
Nach Jahr 20 wäre es inklusive Compounding Interest Effekt: 336.375 €.
Aber Dividenden sind sicher! Ach ja?
Neben Shell empfehlen diverse Börsenbriefe beispielsweise die Aktie von Imperial Brands. Trotz Gewinnwarnung (vor COVID-19).
"Kaufen wenn die Papiere keiner haben will." schrieb ein Nutzer als Kommentar.
Hauptgründe:
"lächerlich niedrige Bewertung"
"hohe Dividende"
RED FLAG #1 - DER ZUKÜNFTIGE TREND
Ich investiere nur in Unternehmen, dessen zukünftiges Ableben noch nicht einmal im Ansatz erkennbar wäre. Es sollte sich um einen nachhaltigen Zukunftstrend mit Rückenwind handeln. Tabak - *hust*
RED FLAG #2 - DIE FUNDAMENTALS
Der Umsatz ist seit Jahren rückläufig. Sieht nicht gut aus. Den Rest habe ich mir nicht angesehen, aber mir reicht die oberflächliche Betrachtung bereits aus. Der Aktienmarkt ist nicht alternativlos.
RED FLAG #3- DIE GÜNSTIGE BEWERTUNG
Wenn ein Unternehmen lange günstig bewertet bleibt, dann hat das gute Gründe.
Der Markt ist kurzfristig nicht immer effizient. Aber er ist es langfristig. Wenn der Kurs eines Unternehmens innerhalb eines stark laufenden Gesamtmarktes seit Jahren rückläufig ist, dann erzählt uns der Markt etwas. Und er ist nicht dumm. Diese wertvollen Informationen sollte man nicht ignorieren.
Der Fokus auf eine möglichst günstige Bewertung ist, meiner Meinung nach, einer der Hauptgründe für eine Underperformance. Warum ist es so schwer zu begreifen, dass hoch bewertete Unternehmen mit starken Fundamental-Zahlen und einem großen potentiellen Markt etwas richtig machen?
Kurz vor der COVID-19 Eskalation schrieb ich über Tech-, Software & Cloud-Unternehmen im Februar 2020 folgenden Kommentar:
... Und es gibt tatsächlich immer noch Menschen, die in Werte wie Daimler oder British American Tobacco investieren, während sich aktuell die Chance des Lebens vor ihren Füßen ausbreitet.
Ich werde dieses mal nicht zu den Menschen gehören, die in 10 Jahren sagen "hätte ich damals mal". Now is the Time.
Und er ist noch immer Top-Aktuell. Es ist nie zu spät auf Zukunftstrends aufzuspringen. Heiß gelaufen ist der Markt nur, wenn der Anlagehorizont weniger als einen Meter beträgt.
RED FLAG #4 - DIE DIVIDENDE
Ein Unternehmen, das hohe Dividenden bezahlt, sagt mir:
"Hey Moritz, ich - der CEO von Imperial Brands - weiß nicht, was ich mit unserem Geld machen soll. Ich weiß nicht, wie ich es re-investieren soll, um das Wachstum zu unterstützen. Aber als Entschuldigung zahle ich dir eine hohe Dividende, damit du auch etwas von dem Geld hast und weiterhin unsere billigen Papiere hältst."
Und die ist noch nicht mal sicher. Auch wird dadurch das Problem an sich nicht beseitigt. Die Dividende ist das lebenswichtige Blut, dass das Unternehmen im eigenen Kreislauf behalten sollte. Das Unternehmen blutet sich selbst aus. Wohin das führt, sehen wir im Langzeit-Chart dieser tollen Dividenden-Aristokraten.
So gehe ich mit meinen Investments mental um
Ich bin der CEO einer Holding-Gesellschaft. Die Unternehmen, in die ich investiere sind meine Tochter-Gesellschaften. Dessen CEOs sind meine Angestellten. Würde ich einen CEO einstellen, der nicht weiß, wie er effizient mit Investitionen und Wachstum umgehen soll?
Und wenn ich ein solches Unternehmen halten würde: Da ich meine CEOs bei ungenügender Leistung nicht feuern kann, verkaufe ich einfach das komplette Unternehmen - meine Position.
Also Freunde, Dividendenperlen nachkaufen! Oder? Nein.
ICH HABE MIR SELBST EINE REGEL GESETZT
Es wird niemals aufgrund von Kurssteigerungen oder (Über)-Bewertungen verkauft. Ich werde halten, solange die These / die Story / die Fundamentals intakt ist. Wer aufgrund von starken Kurssteigerungen oder Bewertungsgründen verkauft, macht in meinen Augen einen entscheidenden Fehler - und betreibt damit indirekt Market Timing.
Und wer es bis hier geschafft hat - Gratuliere! Hier bekommst Du das Buch 100 Baggers - Stocks that return 100-to-1 and how to find them im PDF-Format.
Keep it growing!
Es macht, insbesondere Anfangs, wenig Sinn mit niedrigen Beträgen in Dividenden-Dickschiffe zu investieren oder sich zu überdiversifizieren (“Diworsification). Ein sicheres Rezept zur Underperformance. Investiere in die besten Unternehmen der Welt, die Teil eines langfristigen Mega-Trends mit Zukunftspotential sind. Und halte daran fest, solange sie fundamental Vollgas geben.
P.S. Noch ein Buchtipp von mir:
Ach ja. Inzwischen ist das oben genannte Unternehmen, dass einige schwellbrüstig verkauften, ein 3-Bagger.
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Dieser Artikel ist nur für informative Zwecke und stellt keine Anlageberatung dar. Details findest du in unserem Haftungsausschluss.
Hi Moritz, Deine Texte sind sehr inspirierend und lesenswert. Natürlich nicht für jeder Mann, aber für jeden interessierten Menschen. Die Idee ist klar verständlich und meiner Meinung nach auch richtig. Auch Buffet würde sich heute anders am Markt verhalten (wie Du ja schreibst). Ich selbst bin seit etwa 4 Jahren an der Börse und versuche den Markt zu schlagen, bis jetzt schaut es ganz gut aus, aber was sind schon 4 Jahre an der Börse :-).
Ich bin auch Mitglied in der KLEINEN FINANZZEITUNG, die Gruppe ist wirklich das Beste, was es momentan am deutschen-Finanz-Facebookgruppen gibt. Es ist zwar deutlich aufwändiger mit dieser Software, aber ich bin so stark interessiert an der Börse und an Allem was dazu gehört, dass der Aufwand für mich zur Normalität geworden ist :-). Und da die Börse sehr viel mit dem Kopf (Psychologie und Denken) zu tun hat, behindert mich meine Sehbehinderung nicht.
Dabei lese ich am liebsten Deine und Christians Texte. Vielen Dank für so eine tolle Arbeit, bitte macht weiter so.
LG
Viktor
Kurz zu meiner Person. Ich bin 39 Jahre alt und arbeite als Berufsschullehrer. Leider habe ich seit Geburt eine Augenerkrankung und bin sehbehindert. Die Texte kann ich leider nicht normal lesen und bin deshalb auf eine Texterkennungssoftware (Sprachausgabe) angewiesen.